Susanne Kopp: „Selbstorganisation – Hierarchiefrei und führungslos?“ (Gastbeitrag #17)

🤘🏻 Moin Moin 🤘🏻

…schon wieder ein Monat vorbei!? Das heißt: ein neuer Gastbeitrag 😊

Der kommt diesmal von der lieben Susanne, die ich auf dem Alsenof kennenlernen durfte, wo wir sehr schnell ins Gespräch kamen.

Aber lest selbst:

Mein Name ist Susanne und heute teile ich euch meine Gedanken zu Heiko´s Frage „wie wollen wir in Zukunft leben, lernen und arbeiten?“ mit. Aber erst mal ein paar Worte zu mir:

2016 war ich, damals noch bei der CINTEO GmbH, mit den ersten 10 Mitarbeitern gestartet. Heute bin ich Teil der ca. 450 Mitarbeiter*innen des Unternehmens das mittlerweile Mercedes-Benz.io heißt und noch immer Software für die Mercedes-Benz AG produziert. 

In der Zeit bis heute hatte ich die großartige Möglichkeit in verschiedenen Rollen wie: Projektmanagerin über Scrum-Masterin und parallel Organisationsentwicklerin, bis heute zum Agile Coach mit Schwerpunkt in People & Culture (HR), zu wirken. 

Neben den Menschen, und allem was man gerade so unter New Work zusammenfasst, liegt mir besonders der Erhalt unseres Planeten und dessen Naturschönheit am Herzen. Und nun zu meinen Gedanken 😊


Selbstorganisation – Hierarchiefrei und führungslos?


Wer selbstorganisiert ist, hat keinen Chef*in. Die Frage nach Führung ist also obsolet. Oder?

Es fängt immer beim Individuum selbst an.

Nun, meine Antwort ist ganz klar – nein! Eine Selbstorganisation braucht sogar sehr viel mehr Führungskompetenz. Es fängt immer beim Individuum selbst an. Wer nicht weiß was er oder sie will, kann auch keine klaren Prioritäten setzen und rasch Entscheidungen treffen. Wer nicht priorisiert verzettelt sich. Am Ende des Tages haben wir viele Themen angefangen, aber weder sind wir in einen kreativen Flow gekommen, noch haben wir Routinetätigkeiten abgearbeitet und haben so das Gefühl unser Tagwerk vollendet zu haben. Aber was hat es mit Führung zu tun? 


Gute Führung…mir im Gespräch selbst die Antwort auf meine Fragen gebe.


Im Kern ist Führung definiert als Interaktion zwischen Handelnden auf ein Ziel hin. Nirgends steht dabei, dass ich angehalten bin etwas zu tun, was ich nicht für sinnvoll erachte oder nicht möchte. Einige von uns haben jedoch eine solche Erfahrung mit ihren Führungskräften in der Vergangenheit gemacht. Sie verbinden daher mit dem Begriff genau dieses Phänomen und haben sogar eine Abneigung gegenüber dem Wort. Gute Führung, das wissen wir auch aus Studien, sollte sich an den Prinzipien des Coachings orientierten. Oftmals erhalten wir die Lösung zu unseren Problemen, wenn wir uns den Raum nehmen über Dinge nachzudenken oder in uns hineinzuhorchen. Das geht allein bis zu einem gewissen Grad auch ganz gut. Häufig geht es mir allerdings so, dass wenn ich das was mich beschäftigt jemandem erzähle, ich feststelle, dass ich mir im Gespräch selbst die Antwort auf meine Fragen gebe. Nichts anderes passiert beim Coaching. Durch offene Fragen werde ich zum lauten Denken angeregt. 

Lösungen gemeinsam zu erarbeiten ist ja gut, aber wer entscheidet jetzt am Ende? Ich würde sagen: es kommt drauf an und ein paar Dinge helfen dabei. Vorab aber noch das Thema Sinn und Vertrauen.


Sinn und Vertrauen


Je mehr ich mir bewusst bin was mein sinnerfüllendes „was“ (Purpose) ist, je eher kann ich dafür einstehen. Viele gute Führungskräfte, ganz besonders in einer Selbstorganisation, erwarten sogar, dass Mitarbeiter mitdenken und sich ihres Wirkungsgrades auf das Ergebnis mit ihrem „was“ bewusst sind. Aufgaben und Themen die jemand als sinnvoll erachtet und sich selbst sucht, sind eher von Erfolg gekrönt und es werden gute Ergebnisse erzielt. Dies zahlt wiederum auf den Zweck des Unternehmens ein und sichert dessen Fortbestand. 

Methodisch kann dies beispielsweise durch OKRs unterstützt werden. In diesem Fall wird das qualitativ formulierte Ziel (Objective) durch messbare Schlüsselergebnisse (Key Results) greifbar gemacht. Diese werden vorgeschlagen und ausgehandelt – eben nicht von oben festgesetzt. Das ist auch Führung. Hier kommen wir jetzt zum zweiten Mythos: 


Eine Selbstorganisation ist frei von Hierarchien. Freiheit & Verantwortung.


Ganz nüchtern betrachtet wäre das recht ungünstig. Wer entscheidet denn dann am Ende? Zunächst ist es meiner Ansicht nach wichtig zu bedenken, dass die Freiheit etwas zu entscheiden immer im Paket mit Verantwortung zugestellt wird. Diese beiden Komponenten sind wie Ying und Yang und können nicht entkoppelt werden. 

Die Entscheidungsfrage konzentriert sich meiner Ansicht nach darauf: wer die Gesamtverantwortung für ein Ziel trägt. Wenn ich die ganze Verantwortung und das Risiko übernehme, also oftmals auch monetäre dafür grade stehe, dann ist es legitim, dass die finale Entscheidungskompetenz bei mir liegt. Schließlich geht es unter Umständen um meine Existenz. Meist brauche ich, um Projekte gut umzusetzen, jedoch weitere Menschen die Teile davon übernehmen. Diese wähle ich zum einen basierend auf fachlicher Kompetenz aus. Noch wichtiger ist jedoch, dass ich der Person vertraue. Zutraue, dass sie fachlich in der Lage ist, aber noch wichtiger, dass sie loyal ist und den Risikoanteil für ihren Bereich übernimmt und damit das Gesamtrisiko mitverantwortet. 


Wie setzt man das im Praktischen um?


Im Kern passiert genau dieses Zuordnen auch in einer rollenbasierten Aufbauorganisation. Es wird schlicht transparent dargestellt wer welche Kompetenzen hat, und welchen Teil des unternehmerischen Risikos trägt. Das kann z. B. basierend auf einem Netzwerk oder holokratischen Rahmen geschehen. Das Rahmenwerk selbst gibt nur vor was die Leitplanken sind – ähnlich wie die Fahrbahnmarkierung. Ob ich mich an die Regeln halte, und verantwortungsvoll mit meinen Ressourcen umgehe, steht auf einem anderen Blatt Papier. Das wäre dann das Thema Kultur oder „Mindset“. Dazu aber vielleicht in einem anderen Beitrag. An der Stelle sei auch noch angemerkt, dass es nicht automatisch so ist, dass in einer Selbstorganisation die Führung besser ist als in einer „klassischen“ Hierarchie oder vice versa. Menschen führen Menschen – nicht Organisationsrahmenwerke oder Regelwerke führen. 


Mein Fazit


In einer Selbstorganisation, ob im Erwerbsleben, im Verein oder häuslichen Zusammenleben, ist Führung schon dadurch gegeben, weil Individuen miteinander interagieren. Die Hierarchiestellung, oder besser: Entscheidungsmacht, ergibt sich aus dem Risikoanteil den ich für das „was“, also den Zweck (Purpose 😉) verantworte. 


Vielen Dank, liebe Susanne!

In diesem Sinne wünsche ich euch viel Power und einen grandiose Restwoche

✌🏻😀👍🏻

Wir haben auch dich inspiriert? Du möchtest auch mal einen Gastbeitrag bei mir schreiben oder mehr über meine Projekte erfahren? Dann schreibt mir eine Nachricht oder lest euch die anderen Beiträge durch.

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