Martin Permantier: „Wie wollen wir in Zukunft leben, lernen und arbeiten?“ (Gastbeitrag #16)

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www.martin-permantier.de

🤘🏻 Moin Moin 🤘🏻

…und los geht´s! Bühne frei für den ersten Gastbeitrag in diesem Jahr.

Und den Auftakt macht niemand geringerer als Martin Permantier. Als Unternehmer, Autor und Keynote-Speaker begleitet er seit über 20 Jahren Unternehmen bei ihrer strategischen Ausrichtung und Positionierung. Mit zahlreichen Büchern und Kursen, wie „Haltung entscheidet„, wo wir uns auch kennenlernten, kann man sich ganz seiner eigenen Haltungsentwicklung widmen.

Im November letzten Jahres durfte ich in seinem Podcast auftreten, jetzt teilt er uns seine Gedanken zu meiner Frage mit.

Aber lest selbst:

„Oft, wenn wir nach der Zukunft fragen, kommen viele Aussagen mit „müssen, sollen“ oder abgeschwächt als „müssten, sollten und könnten“. Aber was wollen wir, oder wie Yuval Harari in seinem Buch Home Deus fragt: „Was wollen wir wollen?“ Und direkt daran schließen sich der Gedanke des Neurobiologen Gerald Hüther an, der fragt: „Wen meinen wir, wenn wir „wir“ sagen?“

Im Idealfall ist das „Wir“ der Zukunft nicht mehr ein moralisches, ideologisches „Wir“, sondern entsteht aus den vielen ethischen Entscheidungen selbstbestimmter Individuen. Das mag sehr idealistisch und vielleicht sogar unrealistisch klingen. Doch scheint es viele Phänomene in der Gesellschaft zu geben, die darauf hindeuten, dass sich das Potenzial für ein ethisches Wir der vielen Individuen in Teilen bereits herausbildet.

Eine hypothetische Frage: „Was wäre der kleinste gemeinsame Nenner, wenn wir einen Wunsch, unser kollektives Wollen, für die Zukunft formulieren würden, dem viele Menschen, egal welcher Klasse, Religion, Ideologie oder Nation sie angehören, in größeren Teilen zustimmen würden?“ Vielleicht würde eine Antwort lauten: „Dass es unseren Kindern und den kommenden Generationen, auch weiter gut gehen wird und dass das Leben für sie an Möglichkeiten zunimmt.“

Doch trotz der Zunahme von Bildung, Wohlstand, Gesundheit, Freiheiten und Frieden in vielen Gesellschaften haben wir das Gefühl, dass unser Handeln und die Art und Weise, wie wir unser Leben organisiert haben, nicht ganz mit diesem Wunsch übereinstimmen. Wir haben das Gefühl, dass die bisherigen Logiken und Handlungsweisen, die auf Wachstum und Verbesserung der Lebensbedingungen ausgerichtet waren und diese Verbesserungen für viele Bereiche erreicht haben, nicht mehr geeignet sind, die zukünftigen Herausforderungen zu gestalten. Dennoch versuchen wir krampfhaft, uns an die Idee des Wirtschaftswachstums als Lösung für die Zukunft zu klammern. In einer Welt mit begrenzten und immer knapper werdenden Ressourcen ist dies eine Idee, der wir nicht mehr folgen können und die viele Menschen eher negativ, zynisch und fatalistisch über die Zukunft denken lässt.



Die Arbeit von morgen

Wir stellen fest, dass die Versprechen von Wachstum und Produktivitätssteigerung nicht zu der 10-Stunden-Woche geführt haben, an die man in den 1930er Jahren glaubte. Die Produktivitätssteigerungen haben nicht zu weniger Arbeit geführt. Keine Zeit zu haben ist eines der häufigsten aktuellen Gegenwartsgefühle. Wir führen ein Arbeitsleben, das auf Zeitoptimierung ausgerichtet ist und bei vielen Menschen zu starken psychischen Belastungen führt.

Zeitsouveränität und Selbstbestimmung sind wachsende Anforderungen an die Arbeit von morgen. Mobiles Arbeiten und Co-Working Spaces sind zu neuen Standards geworden, die wir uns vor einigen Jahren noch nicht vorstellen konnten. Die Bereitschaft, Arbeit zu leisten, die für uns keinen Sinn mehr macht, wird abnehmen. Organisationen, die Menschen unterhalb ihrer Reife führen und in Hierarchien und Unterordnungssystemen denken, werden kaum in der Lage sein, weiter entwickelte Menschen als Mitarbeiter zu gewinnen oder zu halten. In dieser Hinsicht wird die Abstimmung mit den Füßen das Neue unmerklich entstehen lassen – und tut es bereits. Wir suchen eine Arbeit, die etwas mit uns und unserer persönlichen Entwicklung zu tun hat. Der Wunsch, Dinge zu tun, die uns innerlich nähren und Tätigkeiten nachzugehen, in denen wir unsere Stärken erleben und zur Entfaltung bringen, wird für viele entscheidender als die Sicherheit in vorgefertigten, scheinbar sicheren Karrieren. „Werde Banker, dann hast du was Sicheres.“ ist einer von vielen alten Glaubenssätzen, die sich in der Realität schon lange nicht mehr erfüllen.


Das Leben von morgen

Wofür wollen wir eigentlich sorgen, damit es uns als Gesellschaft in Zukunft wirklich besser geht und unsere Entwicklungschancen steigen? Wer wollen wir gewesen sein?

Auch das Konsumverhalten ändert sich in einigen Bereichen und führt zu einer Bewegung hin zu Qualität und Minimalismus. Flugscham, Cruise Bashing, Veganismus, Idee zum Grundeinkommen sind einige von vielen neuen Phänomenen, die zeigen, dass Nachhaltigkeit für viele ein wichtiger Faktor für das zukünftige Leben wird. Es wird mehr Experimente zu der Frage geben, wie wir ein erfülltes Leben führen können, ohne den Ideen von Konsum und Wachstum zu folgen. Gleichzeitig vollzieht sich der kulturelle Wandel nie gleichzeitig in einer ganzen Gesellschaft. Insofern bleibt für die einen alles beim Alten, während sich für die anderen alles verändert. Ein Paradoxon, das auch versöhnlich sein kann, weil es uns von der Last befreit, mit verallgemeinerten Lösungsfantasien in die Zukunft zu blicken. Jeder Anfang mit dem Neuen bedeutet ein Aufhören mit dem Alten. Die Zukunft des Zusammenlebens entsteht im Jetzt, auf Millionen von individuellen Wegen.

Der Wandel ist nicht ausschließlich eine Frage der Technik, sondern eine Frage der inneren Kohärenz. Man sagt, das Gewissen ist die Instanz in uns, die die Widersprüchlichkeit unserer Gefühle wahrnehmen kann. Das Wachstums- narrativ ist höchst widersinnig geworden. Aber Appelle oder wissenschaftliche Fakten haben unser Leben nur bedingt verändern können. Das Leben von morgen wird nicht durch eine Ideologie von außen bestimmt, sondern durch die individuelle Veränderung in jedem Menschen. Dies wird eine neue Kultur des Zusammenlebens prägen.



Das Lernen von morgen

In einer Welt, in der Bildung in skalierbarer und qualitativ hochwertiger Form für jeden zugänglich gemacht werden kann, erscheint unsere Form der Bildung, die einem jahrhundertealten Konzept von Bildungs folgt, mehr als anachronistisch. Individualisierte, jahrgangsübergreifende, digitale Bildung ist im privaten Bereich bereits Realität. Das Potenzial für die Bildungseinrichtungen und ihre massive Entlastung wird erst langsam erkannt. So wie sich die Rolle der Führungskräfte im Arbeitsleben dramatisch verändert hat, so wird sich auch die Rolle der Lehrenden verändern. Vom Manager und Kontrolleur zum Unterstützer und Begleiter, der dann zunehmend die Lernenden untereinander orchestrieren wird.

Warum sollen Lehrer den Schülern im 45-Minuten-Takt Stoff aus einem allgemeinen Lehrplan vermitteln, wenn jeder auch didaktisch optimal auf seinen Lerntypen abgestimmtes Lehrmaterial zu jeder Tageszeit in der für ihn passenden Menge nutzen kann? Tatsächlich geschieht dies bereits in vielen Bereichen, in denen sich Schüler über YouTube-Kanäle selbst weiterbilden. Lehrkräfte werden zu Coaches, die die Lernenden auf ihrer individuellen Lernreise begleiten und sie in den Austausch bringen. Sie werden Teil eines Bildungssystems, das darauf ausgerichtet ist, uns selbst zu entdecken und uns Wege aufzuzeigen, wie wir lernen können, im Gleichgewicht mit der Welt und im Einklang mit unseren Gefühlen und Wahrnehmungen zu leben. Die Glücksforschung weiß, dass Vergleiche unglücklich machen und gute Beziehungen glücklich machen. Warum also weiterhin Bewertungsspiele spielen, anstatt ein wirklich ermutigendes pädagogisches Umfeld zu schaffen.


Corona hat uns gezeigt, was möglich ist und wie groß der Spielraum sein kann.

Jetzt haben wir eine Ahnung davon, dass die Welt von uns auch anders gestaltet werden kann.


Wie werden wir also in Zukunft leben, lernen und arbeiten? Wir wissen es nicht.

Aber wir sehen viele Beispiele und Richtungen, die Dinge in Bewegung setzen, damit es unseren Kindern und den kommenden Generationen auch weiter gut geht und das Leben für sie an Möglichkeiten zunimmt.“


Lieber Martin, ganz lieben Dank, dass du dir die Zeit genommen hast und deine Gedanken mit uns geteilt hast, obwohl du grade in Sri Lanka die Sonne genießt. Ich freue mich auf die nächste Session im „Haltung entscheidet – Workshop“.


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WIE WOLLEN WIR IN ZUKUNFT LEBEN, LERNEN UND ARBEITEN?

Mit den Beratungsthemen NewWork, Start-ups, Gründungen, coworking und Persönlichkeitsentwicklung bringe ich UnternehmerInnen die neue Arbeitswelt näher.

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